ROLAND BEHRMANN
„Das menschliche Leben kann man in seiner Gesamtheit als künstlerische Aufgabe verstehen, als Kunst die vom Geist und dem bewusst gewählten Programm ihres Schöpfers geprägt wird, einem Programm, das sich aus den Bedingungen der Umwelt und der grundlegenden Haltung der betreffenden Menschen zum Leben ergibt. “ (Mrázková, Daniela und Remeš, Vladimir in: Josef Sudek, Leipzig 1982, S.5)
SCHÖPFERISCHE FOTOGRAFIE – ÜBER DAS WESEN DER DINGE UND IHRE DEUTUNG
Der 1954 in Dessau geborene Sohn des Fotodrogeristen Heinrich Behrmann und der Fotolaborantin Margarete Behrmann, begann im Alter von 16 Jahren seine Ausbildung zum Reprofotografen und machte mit 25 Jahren seinen Fotografenmeister. Aus politischen Gründen verlor er seine Stelle und musste aus dem technischen Bereich in einen Handwerksbetrieb wechseln. Sein dortiger Lehrer (von der HGB aus der Leipziger Schule) führte ihn in die künstlerische Fotografie ein. Nach einjähriger Haft als politischer Gefangener der DDR-Hoheit siedelte er 1985 schließlich in die Bundesrepublik über.
Noch zu DDR-Zeiten empfahl ihm ein Freund ein Buch: “Also wenn Du Fotograf werden möchtest, dann musst Du Andreas Feininger (Die neue Foto-Lehre) lesen”. Das war dann auch das erste Buch, das Roland Behrmann sich um 1980 aus dem Westen in die DDR schmuggeln ließ. Bereits die ersten Sätze waren sehr prägend für ihn: “Fotografie ist Bildsprache. Die jüngste Gattung der uralten Form bildnerischer Mitteilung […] Als Gattung, die international verstanden wird, haben wir als Fotografen eine Verantwortung und müssen uns Gedanken darüber machen, ob das, was wir sagen auch wert ist, gesagt zu werden und ob wir es gut ausdrücken können.” Statt Fakten wiederzugeben ging es also um die persönliche Sprache, die man als Fotograf entwickelt, um die Geschichten, die man zu erzählen hat. Der Bildgegenstand tritt zurück hinter der Idee, das Werk ist persönlich. Das Bild zeigt hierbei nicht, was es ist im Sinne eines Abbildes, sondern wird Symbol für eine Geschichte, die es beim Betrachtetwerden in immer neuen Details erzählt.
In seiner DDR-Zeit begegneten Behrmann viele Geschichten (Propaganda), die eine Lüge erzählten und er begann, dem seine eigenen Narrative entgegenzusetzen. Er fotografierte Objekte, die für etwas anderes standen als das was sie “einfach nur” zeigten: Industrie Schaumkronen auf dem Fluss, Vandalismus unter dem Titel “Kulturlandschaft”, Niedrigwasser in der Elbe mit Motorradwracks – all das verpackt in ein romantisches Bild, das bei genauem Hinsehen einen Bruch aufweist, der das eigentliche Thema zum Vorschein bringt. Der Besuch einer Ausstellung zur französischen Fotografie verfeinerte sein Bild weiter, bei welcher er Größen der Fotografie wie Henri Cartier-Bresson entdeckte. Das sollte also Kunst sein? Auf den ersten Blick waren die Bilder für ihn so alltäglich, die Unschärfe als Stilmittel überraschte ihn.
Bis heute arbeitet Roland Behrmann analog. Warum? Es ist etwas, womit er aufgewachsen ist, die analoge Fotografie hat für ihn etwas Sinnliches, er mag die Geräusche des Rollfilms, die Gerüche der Chemie von Anbeginn, sogar der Geschmackssinn, wenn man Baryt im Wasser an der Ecke probiert, ob er ausgewässert ist. Und für ihn ist wichtig, das Bild in der Entwicklung entstehen zu sehen, Teil daran zu haben. Auch ist für Behrmann die analoge Entwicklung eine Kulturtechnik, die er erhalten und an künftige Generationen weitergeben möchte. Zum digitalen Bild sagt er, der die ersten Scanner bereits 1969 in der Reprotechnik kennenlernte: “Das ist für mich kein Bild, sondern nur eine Druckvorlage, kein Original. Eigentlich sind das alles Poster, die wir sehen.”
Gleichzeitig sei die Digitalisierung auch ein Geschenk für die künstlerische analoge Fotografie, denn sie hat sie davon befreit, dokumentarisch sein zu müssen.
Die Werke des international beachteten und ausgestellten Fotografen sind in der Regel Unikate, denn letztlich kann für ihn die Fotografie auch nur dann wertvoll werden, wenn sie einzigartig ist. Deshalb zerstört er seine Negative und überträgt so den Status des Originals auf den einen existierenden Abzug, bei welchem das Entwickeln selbst eben Teil des künstlerischen Schaffensprozesses ist.
Katalogtextauszug PRINCE HOUSE GALLERY Mannheim zur Ausstellung: LINSE AUF//MANNHEIM vom 09.12.21-27.02.22, Verfasserin: Laura Sobez
Die Kamera des Gerhard Vormwald (1948-2016) in der Prince-House-Gallery Mannheim
Es handelt sich bei dieser sehr speziellen Kamera im Großformat um eine, von Gerhard Vormwald modifizierte, Reprokamera, gebaut um 1880, welche so umgebaut wurde, dass sie von der Konstruktion und dem Aufnahmeprinzip her, einer Reisekamera ähnelt, nur, dass sie eben stationär im Atelier benutzt wird. Sie ist für den Transport schlichtweg ungeeignet.
Durch diesen Umbau ist es nun möglich, die Kamerastandarten zu verschwenken, um zum Beispiel Schärfeausgleich vorzunehmen. Das ist mit einer Reprokamera nicht möglich, da bei dieser die Standarten absolut parallel geführt werden müssen, um keine Verzeichungen in die Reproduktionen zu bekommen.
Da offenbar keine Originalkassetten mehr existierten, hat Vormwald neue konstruiert, so dass man jetzt auf Film oder Fotopapier bis zum Format 30x40cm arbeiten kann. Die Filme werden dann im Kontaktverfahren weiter verarbeitet.
Roland Behrmann arbeitet mit dieser Kamera, die auf Umwegen von Paris über Köln in die Galerie kam, auf Medical Film, da dieser, wie die Platten um 1900, orthochromatisch sensibilisiert ist, um eine gewisse Authentizität der Tonwerte zu erhalten. Vormwald selbst hat teilweise direkt auf Fotopapier gearbeitet, das ebenfalls rotunempfindlich ist, und die Bilder im Negativ belassen (siehe Bildbeispiel).
Die Kamera ist für solche Stillleben konzipiert und eigentlich nicht für Portraitarbeiten. Hierin bestand nun die besondere Herausforderung für den Fotografen. Nach anfäglichen Problemen insbesondere der Lichtdichtigkeit der Kamera, gelangen erste Portraitstudien mit dieser besonders einmalig aufgebauten Kamera. Die Arbeit ist alles andere als einfach und forderte auch den erfahrenen Berufsfotografen. Für ein einziges Bild ist ein erheblicher Zeitaufwand nötig, bis zu einer Stunde je Bild, und höchste Konzentration bei der Arbeit, da in jedem Arbeitsschritt Fehler gemacht werden können, die das Ergebnis ruinieren. Wer also eine gewisse Abenteuerlust und liebe zur Analogfotografie verspürt, kann hier etwas wirklich Einmaliges mitnehmen, sowohl physisch, wie aber auch als Erlebnis.
Ein Tagesworkshop bei dem du nur ein (!) Bild machen kannst.
Links
https://behrmann-fotografie.com/
https://galerieimhinterzimmer.de/
https://www.princehouse.de/
Workshop Großformatfotografie
Princehouse Gallery Mannheim, 1.4.23 10:00 Uhr bis 18:00
Teilnahmegebühr 100 EUR
Max. 8 Teilnehmer
Es entstehen Materialkosten von ca. 35 EUR für die Belichtung eines Negativs im Format 30x40cm sowie für die Entwicklung und Kontaktabzüge
Die Teilnehmer verabreden sich zu einem Vorabtermin, bei dem u.a. die Requisiten, Lichttechnik und Motive besprochen werden. Möglich sind z.B. Stillleben aber auch Portraits.
Anmeldung
Die Plätze werden in der Reihenfolge der Anmeldungen und nach Erhalt der Workshopgebühr reserviert. Hierzu bekommen die Teilnehmer noch eine separate Zahlungsinformation.
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