Da staunten die Lichtwerter nicht schlecht: so viele Zuhörer waren selten zu einem Vortrag in den heiligen Mauern des Lichtschwert Ordens anwesend. Es waren so viele, dass unser 2. Vorstand noch extra Klappstühle aus den Katakomben des Studios organisieren musste. Und warum sind so viele Neugierige gekommen? Ganz einfach – sie wollten den Vortrag eines der wohl bekanntesten Street-Fotografen in unserer Region lauschen. Thomas Leuthard passt nicht nur aus fotografischer Sicht sehr gut in unser Studio, nein auch ein Teil seines Outfits sowie sein Vorname trafen hier auf allerlei Artgenossen. So stand er also, bekleidet mit einer Schiebermütze, im weißen Set des Fotoclubs. Wir waren gespannt.

Thomas Leuthard und Thomas Adorff kennen sich von einem Olympus-Workshop in Prag, die beiden verstanden sich auf Anhieb und unser Thomas lud ihn spontan ein in Karlsruhe einen Workshop zu halten. Dass das allerdings so schnell zustande kam war selbst für die beiden überraschend. Umso erfreulicher für die Zuhörer und die Teilnehmer des Workshops dass ein würdiger Ersatz für die verschobene MAF-Konvention gefunden werden konnte.

Warum Thomas also bei uns nun einen Vortrag hält wäre geklärt. Jetzt geht es ans Eingemachte. Thomas fotografiert seit 2009 am liebsten spontane Szenen auf den Straßen der Welt, ob durch die Fensterscheibe eines Kaffees oder aus ca. 1,5m Abstand, Thomas versucht die Realität einzufangen. Mit welchen Methoden er vorgeht birgt den ein oder anderen Lacher in sich, könnte jedoch ernste Konsequenzen nach sich führen. So läuft Thomas mit seiner Olympus durch die Straßen, stellt sich vor eine Person und hält einfach drauf, um dann direkt weiter zu laufen so als interessiere er sich nicht für die Reaktionen der Menschen die er gerade eben noch vor der Linse hatte. Mit der Taktik als Tourist wahrgenommen zu werden fährt Thomas sehr gut, denn die wenigsten interessierten sich dafür was ein harmloser Tourist knippst. Zu dieser Vorgehensweise passt auch dass er mit einer unauffälligen OM-D E10 anstelle einer doch eher wuchtigen SLR unterwegs ist. „Die Fotografie besteht aus 3 wichtigen Pfeilern, 50% Gestaltung, 50% Kreativität und… Technik.“, der geneigte Leser kann aus dieser Aussage erkennen, dass Thomas der Technik keine große Gewichtung einräumt. Mit einer Leica um den Hals über eine Messe zu laufen macht sicherlich einen super Eindruck, doch deswegen allein mach der Benutzer dieses Luxusartikels nicht unbedingt besserer Fotos. Um diese Aussage verständlicher zu machen könnte man das auch so ausdrücken: Wer interessiere sich für das Schreibgerät mit dem Harry Potter oder Wilhelm Tell geschrieben wurde? Ganz genau, niemand. Warum sollte es bei Fotos dann anders sein? Schade findet er deshalb dass bei den meisten Stammtischen eben nur über die Kameras und Objektive der Anwesenden, aber nicht über die Fotos, die gemacht wurden, gesprochen wird – geschweige denn Bilder entstehen.

Natürlich müsse man zum Fotografieren die Technik beherrschen, oder in „P“, wie Profi-Modus, fotografieren. Warum sollte man sich das Leben schwerer machen als nötig? Die modernen Kameras können meistens besser entscheiden welche Blendenöffnung, welche ISO eingestellt und wie viel Licht auf den Sensor fallen sollte, damit das Ergebnis brauchbar erscheint. Fotografieren fange mit sehen an, nicht mit dem studieren der EXIF Daten.

Für Thomas gibt es zwei wesentliche Faktoren die eine erfolgreiche Fotografenkarriere bestimmen: erstens Fotografieren, zweitens das richtige Marketing. Es gebe bestimmt weitaus bessere Fotografen als er selbst einer ist, die aber kein Mensch kenne, da sie sich nicht richtig oder gar nicht vermarkten können. Auf die Frage was ihm die ganzen Likes auf sämtlichen Plattformen oder die Anzahl an Followern bringt antwortet er: „Nehmen wir mal an es ginge um die Vergabe eines Sponsorings. Zwei Fotografen stehen zur Auswahl. Der eine hat 1.000 Follower, der andere 25.000. Wer wird den Zuschlag wohl bekommen?“ Diese Antwort klingt einleuchtend. Darüber hinaus gibt die Community sehr gut zurück, welche Arbeiten gut ankommen und welche nicht. Manchmal komme es sogar vor dass ein Foto, welches eigentlich nicht mal den Weg auf seinen Rechner finden sollte, zu einem Favorit der Anhänger wird. Hierzu muss man wissen, dass 5% seiner geschossenen Werke den Weg auf den Rechner schaffen und davon nur 1% in die Welt raus gebeamt wird. Den Rest kann man eigentlich direkt löschen, so Thomas, ebenso Bilder an denen man mehr als 1 Minute retuschieren müsse. Konsequent, muss man schon zugeben, das fällt den meisten Jägern und Sammlern deutlich schwerer.

Auf die Frage, wie Thomas mit dem Recht am eigenen Abbild umgehe, lächelt er und antwortete: „Ich trage das Risiko.“. Wir Lichtwerter sind seit dem Vortrag über dieses Thema ja ein wenig sensibilisiert, doch Thomas entgegnet: „was kann mir dabei schon groß passieren? Das ich das Bild abhängen muss und nicht mehr publizieren darf.“ Damit könne er leben. Was könnte er machen um das Recht nicht zu verletzen? Nun, er könne mit einem Stapel Model-Releases unterm Arm durch die Gegend ziehen und jeden den er fotografiert vorher oder im Anschluss einen Zettel und einen Stift unter die Nase halten. Aber mal ganz ehrlich, wer würde einem „Fremden Menschen mit ausländischem Akzent“ denn ohne weiteres eine Unterschrift geben? Berechtigter Einwand. Also no Risk – no good pictures, oder so ähnlich.

Thomas zieht nicht nur durch die Straßen und fotografiert ahnungslose Passanten, manchmal verbringt er auch Zeit damit Anleitungen für so manche Dinge, z.B. „wie bekomme ich überhaupt 10.000 Follower etc., zu erarbeiten. Wer nämlich Geld mit Fotografie verdienen möchte muss sich bewusst sein, dass nur etwa 5% mit dem Erlös von verkauften Fotos, ein vielfaches davon jedoch durch Tutorials und Workshops verdient wird. Die Leute wollen einfach nicht rausgehen, viel lieber schauen sie sich in Foren nach den Techniken um, schauen sich Videos und Onlinetrainings für Photoshop an oder tun sonstige Dinge. Doch davon werden die Bilder die sie machen nicht unbedingt besser, nur wer sich wirklich traut seine Kamera, sein iPhone oder sonst irgendein anderes Gerät in die Hand zu nehmen und die Motive sieht, kann sich verbessern.

Und genau das wurde dann am Tag nach dem Photo-Talk in Angriff genommen. Am Samstag den 9. Mai trafen sich 9 Neugierige um im Rahmen eines Street Photography Workshops vom Meister zu lernen. Die Erwartungen an den Workshop waren hoch gesteckt. Jeder wollte Spaß haben, Inspiration, Tipps & Tricks und ein bis zwei richtig gute Bilder mit nach Hause nehmen.

Nach einer kurzen Vorstellungsrunde inklusive erster Bildkritik an mitgebrachten Bildern begann der Theorieblock. Welche Kamera ist die richtige? Welche Einstellungen soll ich benutzen? Solche Fragen wurden schnell und überzeugend geklärt. Bei Street Photography zählen keine Megapixel und auch die lichtstarke Linse macht nicht das gute Bild aus. Je kleiner und unauffälliger die Kamera, desto einfacher hat man es. Wer sich zu lange mit den Einstellungen aufhält verpasst den Moment. ‚P für Profi‘ ist die Ansage des Meisters. Warum sich mit Dingen aufhalten, die die Kamera gut allein beherrscht. Es gibt genug Dinge auf der Checkliste die der Fotograf abarbeiten muss bis er den Auslöser drückt. Hauptmotiv, Hintergrund, Schärfepunkt, Bildarrangement – alles muss passen und das in kürzester Zeit. Ein weiteres schwieriges Ziel war es den Teilnehmer die Angst und Bedenken zu nehmen und mal richtig nah ran zu gehen, die Menschen auf der Straße quasi aus nächster Nähe zu fotografieren. Zur Beruhigung gab es hierfür vorab zwei Making-Of-Videos, die zeigen, dass die Fotografierten die Aktion oft gar nicht wahrnehmen oder verdutzt innehalten und dann ihrer Beschäftigung weiter nachgehen. Zur rechtlichen Lage in der Street Photography wurde daraufhin auch Stellung genommen. Sich rechtlich korrekt zu Verhalten ist nahezu unmöglich bzw. praktisch nicht umsetzbar. Entweder der Fotograf nimmt das Risiko in Kauf oder er lässt es bleiben.

Nach dem interessanten und ausgiebigen Theorieblock ging es in die Karlsruher Innenstadt. Es galt Bilder zu den 4 Themen: ‚Gelb‘, ‚Wer ist Günter?‘, ‚Spiegelung‘ und ‚Portrait‘ zu machen. In zwei Gruppen wurden die Speicherkarten im ‚Burst-Mode‘ zu glühen gebracht um ja nicht den richtigen Moment zu verpassen. Bauarbeiter, Cafébesucher, Straßenbahnfahrer, Fahrradfahrer, Passanten, keiner war vor den Teilnehmern sicher. Auch wenn die meisten Teilnehmer sich noch überwinden mussten, ein wenig leichter viel es allen näher an die Menschen heranzugehen, um das Leben auf der Straße festzuhalten.

Am Ende gingen sie alle mit guten Bildern, vielen Ideen und einer Menge mehr an Erfahrung nach Hause. Abschließend bleibt nur zu sagen: Danke Thomas für den tollen Tag, du bist jeder Zeit wieder in der schönen Höpfner Burg willkommen, und liebe Karlsruher, genießt das Leben – wir halten es fest.

Falls der ein oder andere noch eine Frage an Thomas hat, er ist auf fast allen sozialen Netzwerken und Foto-Communities zu finden, also nicht zögern und ihm folgen.

Vielen Dank an Thomas Alex and Friedrich-Georg Hoepfner für die Bereitstellung ausgewählter Fotos vom Workshop.